William Shakespeare - 154 Sonette

Sonett LXXXV

Bescheiden meine stille Muse schweigt,
Wenn reiche Schrift mit goldner Feder Zeilen
Den ganzen Stolz uns deines Ruhmes zeigt,
Mit Sylben, glatt von aller Musen Feilen.
Nur fühlen kann ich, während schöne Worte
Die Andern schreiben; fromm ein Amen muß
Dem Sacristan ich gleich am heil’gen Orte
Einfältig beten, bei jeder Hymne Schluß.
Vernehm’ dein Lob ich, rufen kann ich nur:
„Wahr ist’s!“ – und höher feiern deinen Ruhm;
Doch blos ein Geist, der deiner Liebe Spur
Voreilt, wenn meine Worte zögern stumm.
In Andern magst des Wortes Hauch du ehren,
In mir, was stumm mein Herz dir kann gewähren.

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