William Shakespeare - 154 Sonette

Sonett CIII

Wie ärmlich ist’s, was meine Muse schafft,
Der solch ein Stoff ward, ihre Macht zu weisen!
Der nackte Inhalt hat allein mehr Kraft,
Als wenn ich ihn geschmückt mit meinem Preisen.
O, darum tadle du nicht mehr mein Schweigen,
Sieh’ in den Spiegel und erblicke dich
So schön, wie Phantasie dich nie kann zeigen;
Es schmäht mein Singen, bringt in Schande mich.
Wär’ es nicht Sünde darum, zu verderben
Die Schönheit, die man zu verbessern strebt?
Denn meine Vers’ um diesen Preis ja werben,
Den Reiz zu singen, welcher in dir lebt.
Und weit mehr, als in dem Gedicht kann sein,
Zeigt dir dein Spiegel, wenn du siehst hinein.

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