William Shakespeare - 154 Sonette

Sonett CXVIII

Wie, um die Eßlust gier’ger zu erhöh’n,
Den Gaumen wir mit scharfen Tränken quälen,
Wie, ungesehnen Uebeln zu entgeh’n,
In Arzenei’n wir uns die Krankheit wählen:
So hab’, von deiner Süße vollgenährt,
Ich gern bequemet mich zu herben Brühen;
Vor Wohlfahrt krank ward Labung mir gewährt,
Daß ohne Noth ich Krankheit mir verliehen.
So schlau ist Liebe! um zuvorzukommen
Den Uebeln, die nicht sind, wählt sichre sie;
Des Trankes Heilkraft soll Gesunden frommen,
Das Gut’ erstarkt durch herben Uebels Müh’.
Doch davon lern’ ich, wie so wahr es sei:
Wer krank an dir, dem wird nur Gift Arz’nei.

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